Am Dienstag nach Handelsschluss gab Netflix (WKN: 552484) die Zahlen für das erste Quartal 2022 bekannt. Die Anleger waren sehr enttäuscht von den Zahlen und die Aktie sackte nachbörslich um 25 Prozent ab. Unter dem Strich legte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um magere 9,8 Prozent zu und die Nutzerzahl war im Vergleich zum letzten Quartal sogar leicht rückläufig. Auch für das kommende Quartal legte Netflix einen ähnlich pessimistischen Ausblick vor.
Netflix Q1 2022 Ergebnisse
Q1 2021 | Q1 2022 | Veränderung | |
Umsatz | 7,2 Mrd. US-$ | 7,8 Mrd. US-$ | +9,8 % |
EBIT | 2,0 Mrd. US-$ | 2,0 Mrd. US-$ | +0,6 % |
EBIT-Marge | 27,4 % | 25,1 % | |
Gewinn je Aktie | 3,53 US-$ | 3,75 US-$ | -5,9 % |
Zahlende Mitglieder | 207,6 Mio. | 221,6 Mio. | +6,7 % |
Free Cashflow | 692 Mio. US-$ | 802 Mio. US-$ | +15,9 % |
Die Begründung für die Probleme
Netflix führt eine Reihe von Gründen an, warum das eigene Geschäft im Moment an Wachstumsdynamik verliert. Der erste Grund ist laut Netflix das Account Sharing von vielen Nutzern. Mittlerweile ist Netflix in sehr vielen Haushalten mindestens einmal vertreten. In der Regel nutzen dann jedoch alle Mitglieder des Haushalts nur einen Account und selbst wenn auch die anderen Mitglieder des Haushalts von Netflix überzeugt sind, gewinnt Netflix so keine Neukunden mehr. In der jüngeren Vergangenheit hat Netflix ja immer mal wieder verlautbaren lassen, vermehrt gegen das Account Sharing vorgehen zu wollen. Wir können uns gut vorstellen, dass nach diesen Aussagen im Rahmen der Quartalszahlen dort bald Taten folgen werden.
Ein zweiter Grund ist aus Sicht von Netflix jedoch auch ganz klar der steigende Wettbewerb. Genau diesen Punkt haben wir auch bereits in unserer Premium Analyse als große Gefahr herausgestellt. Netflix hat im Gegensatz zu seinen Wettbewerbern keine weiteren Geschäftsfelder und kann so den Streamingdienst nicht durch andere Einnahmen mittelfristig subventionieren. Beispielsweise ist es für Amazon erst einmal nicht so wichtig, dass Prime Video Gewinne erzielt, denn der Dienst schafft alleine durch die verstärkte Bindung der Kunden an Amazon schon einen großen Mehrwert. Dies ist bei Netflix nicht der Fall. Netflix muss am Ende wirklich mit dem Streamingdienst Geld verdienen.
Dieses Dilemma zeigt sich nun auch bei den Margen von Netflix. Eigentlich wollte Netflix in den kommenden Jahren daran arbeiten, profitabler zu werden und die Margen zu steigern. Aufgrund des zunehmenden Gegenwinds muss Netflix jetzt aber wieder verstärkt investieren. Zwar soll die operative Marge dabei konstant über 20 Prozent gehalten werden, jedoch bedeutet das wohl einen Rückschritt im Vergleich zum vergangenen Jahr, in welchem die operative Marge bei über 27 Prozent lag.
Diese ganzen Faktoren existieren jedoch nicht erst seit dem letzten Quartal. Genau das bestätigt auch Netflix in der eigenen Pressemitteilung. In den vergangenen zwei Jahren wurden diese negativen Effekte jedoch von einem positiven Effekt überlagert. Dem Aufschwung der Streamingdienste durch die Pandemiebedingten Lockdowns. Jetzt, wo dieser positive Sondereffekt an Bedeutung verliert, wird das gesamte Ausmaß der negativen Effekte sichtbar.
Kann Netflix das Ruder herumreißen?
Netflix war bereits nach der Premium Analyse innerhalb unserer Top-50 Aktien einer der Wackelkandidaten. Diese wirklich schlechten Zahlen haben dieses Bild noch einmal bekräftigt. Aktuell scheint es so, dass die zunehmende Konkurrenz und eine eintretende Marktsättigung in der westlichen Welt das mögliche Wachstum stark einschränken. Hinzu kommt ein Preis- und Investitionsdruck aufgrund des umkämpften Marktes, welcher dafür sorgt, dass auch die Margen nicht so gesteigert werden können wie erhofft.
Positiv ist aus unserer Sicht, dass Netflix die Probleme klar erkannt, mögliche Lösungen direkt genannt und sogar eigene Fehleinschätzungen im vergangenen Jahr zugegen hat. Der Streamingkonzern geht also recht offen mit den Problemen um, ein wichtiger Schritt, um diese dann auch zu lösen. Ob das dann am Ende gelingen kann, steht noch einmal auf einem ganz anderen Blatt.
Die Aktie von Netflix ist aus unserer Sicht aktuell trotz der großen Kursverluste in den letzten Monaten kein Schnäppchen, denn die Kursverluste beruhen auf fundamentalen Problemen im Unternehmen. In unseren realen Depots liegt die Aktie nicht und wird auch so schnell nicht den Weg hineinfinden. Als langfristige Investoren geben wir Netflix aber natürlich Zeit, um zu beweisen, dass man das Ruder herumreißen kann. Eine schlechte Phase darf jeder mal haben, wenn diese allerdings zu lange dauert, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Netflix aus unseren Top-50 Aktien rausfliegt.
Robin besitzt keine der im Artikel erwähnten Aktien.