Auch der Luxusartikel-Konzern Hermés (WKN: 886670) steht in diesen Zeiten vor ernsten Herausforderungen. Mitte April hat das französische Unternehmen mit einem hohen Umsatzwachstum von 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahr geglänzt. Das Abschneiden im ersten Quartal 2022 spricht für eine hohe Krisenfestigkeit. Trotzdem ist die Hermés Aktie seit der Veröffentlichung der Zahlen um etwa 19 Prozent abgesackt. Einige Anleger rechnen im herausfordernden Umfeld wohl doch noch mit dem Einbruch der guten Entwicklung.
Weitere Lockdowns im Schlüsselmarkt China?
In den ersten drei Monaten des Jahres setzte Hermés in der Region Asien-Pazifik mit 1,44 Milliarden Euro mehr als die Hälfte seiner Erlöse um. Dass China in diesem Segment der Hauptmarkt ist, zeigt, wie wichtig das Land für die Bilanzen des Luxus-Konzerns ist. Die Region entwickelte sich mit einem Umsatzwachstum von knapp 26 Prozent zuletzt deutlich langsamer als Europa (41,9 %) und Amerika (54,3 %). Ein bremsender Faktor waren natürlich die strikten Lockdowns in den konsumstarken Metropolen Chinas. Die Schweizer Bank UBS hat nun untersucht, wie stark die Konzerne der Luxusbranche in den kommenden Monaten von weiteren Beschränkungen im Land getroffen werden würden. LVMH (WKN: 853292) und Hermés sind hierbei besser aufgestellt als Konkurrenten wie Ferragamo oder Swatch. Beide haben mögliche weitere Shutdowns bereits in ihren Prognosen mit einberechnet. Anleger werden hier im laufenden Q2 wohl keine bösen Überraschungen erleben.
Eine Nachfrage über den eigenen Kapazitäten?
Ende des vergangenen Jahres hatte Hermés Probleme, die starke Nachfrage nach den eigenen Produkten ganz abzudecken. Die Sparte Lederwaren und Sattlerei ging daher in Q4 2021 um über fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurück. Hermés Chef Axel Dumas sprach von Pandemie-bedingten Einschränkungen in der Produktion. Diese führten dazu, dass der Konzern die Nachfrage teilweise nicht decken konnte. Das Unternehmen produziert das eigene Leder vollständig in Frankreich. Jetzt wird stark in neue Produktionskapazitäten investiert.
“Wir haben die Investitionen in unsere Industrieanlagen nie gestoppt, selbst zu Beginn der Krise nicht.”
Axel Dumas, CEO Hermés
Somit sei es das Ziel von Hermés, alle zwölf bis 18 Monate eine neue Fabrik für Lederwaren zu eröffnen. Im vergangenen Jahr kamen zwei neue in den französischen Orten Montereau und Guyenne dazu. Insgesamt laufen heute 19 Fabriken in Frankreich. Bis 2026 sollen fünf weitere hinzu kommen.
Hermés Aktie: Wächst der Hunger nach Luxusware weiter?
Heute ist noch nicht abzusehen, wie sich der Krieg in der Ukraine langfristig auf die Branche der Luxusgüter auswirken wird. Im vergangenen Jahr wurden in dieser laut Statista weltweit etwa 246 Milliarden Euro umgesetzt. Bis 2027 geht das Statisik-Portal von einem Wachstum um weitere 34 Prozent auf 330 Milliarden Euro aus. Die für Hermés so wichtige Lederwaren-Sparte wachse im selben Zeitraum von 52 Milliarden auf 72 Milliarden Euro an (+38 %).
Will sich Hermés den eigenen Anteil an einem möglichen Marktwachstum sichern, muss man die eigenen Schwachstellen konsequent bekämpfen. Derzeit scheinen die eigenen Produktionskapazitäten die Achillesverse des Konzerns zu sein. Das Problem scheint das Management ernst zu nehmen und investiert nun großzügig in den Ausbau. Der Anspruch, ausschließlich in Frankreich zu produzieren, kann hierbei kurzfristig bremsen. Auf lange Sicht scheint man damit jedoch ein immer stärker aufkommendes Bedürfnis der Kundschaft nach lokaler und fairer Herstellung der Ware zu erfüllen. Ich bin daher weiter zuversichtlich und langfristig überzeugt von der Hermés Aktie.
Julian besitzt keine der im Artikel erwähnten Aktien.