Adidas (WKN: A1EWWW) China-Geschäft ist im vergangenen Jahr eingebrochen. In den beiden letzten Quartalen brach der Umsatz um jeweils etwa 15 Prozent ein. Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen organischen Abwärtstrend. Nein, los ging alles mit einem Boykott-Aufruf bestimmter westlicher Produkte durch die chinesische Regierung. Peking reagierte damit auf Statements der Mode-Schmieden wie H&M, Nike und eben auch Adidas. Diese hatten sich davor deutlich von der Zwangsarbeit distanziert, die Uiguren in der großen Baumwoll-Provinz Xinjiang verüben müssen. Man betonte, entweder keine Baumwolle aus Xinjiang zu beziehen, oder in Zukunft darauf zu verzichten. In der Region werden 80 Prozent des Rohstoffs in China produziert. Die Adidas Aktie und andere Marken stehen jetzt vor einer Riesenaufgabe: Man muss den Weg zurück zum Wachstum auf dem so wichtigen Zukunftsmarkt in Einklang mit der eigenen Verpflichtung zur Wahrung der Menschenrechte bringen. Eine Mammutaufgabe, die bei den Herzogenaurachern nun in den ersten Akt geht.
Ein neuer, alter Chef soll’s richten
Adrian Siu, der ehemalige Hongkong-Chef von Adidas, kehrt nach zwei Jahren Abwesenheit zurück. Er soll nun das China-Geschäft in führender Position leiten und ersetzt Jason Thomas, unter dem es letztes Jahr bergab ging. Das Management setzt auf seine China-Erfahrung, die er in den letzten beiden Jahren als CEO beim Unterwäsche-Konzern Cosmo Lady gesammelt hat. Kasper Rorsted betonte in der Unternehmensmeldung, Siu habe „die Transformation einer lokalen Bekleidungsmarke“ erfolgreich vollzogen. Genau das soll er jetzt mit Adidas machen. Mit ihm wolle man sogar „kurzfristig wieder auf den Wachstumspfad zurückkehren“.
Chinesische Konkurrenz mit strategischem Vorteil
Der Boykott-Aufruf der chinesischen Regierung hat wichtige Teile der chinesischen Kundschaft gegen den Konzern aufgebracht. In die entstandene Lücke sind vor allem lokal ansässige Sportartikelhersteller wie Anta, Li-Ning und Xtep gesprungen. Die Konzerne betonten ausdrücklich, weiter auf die Baumwolle aus Xinjiang zu setzen. So nutzte besonders Anta die Stimmung im Land erfolgreich aus: Im ersten Halbjahr 2021 konnten sie den eigenen Umsatz um 50 Prozent steigern. So ergatterte sich der Ausrüster der chinesischen Olympia-Athleten einen Löwenanteil des jüngsten Marktwachstums in China.
Adidas Aktie muss Kunden wieder begeistern
Das Gegenmittel gegen den Abwärtstrend im Reich der Mitte ist im Prinzip schnell gefunden. Die Adidas Aktie muss den Kontakt zum potenziellen Kundenstamm wiederherstellen, Menschen wieder von der Marke begeistern. Ein erster Coup gelang dem Unternehmen hier schon bei Olympia. Die von Adidas ausgestattete Snowboarderin Su Yiming gewann Gold und rückte die Herzogenauracher für einen kurzen Moment zurück ins Rampenlicht. Dabei muss man aber festhalten, dass die mediale Aufmerksamkeit größtenteils China-Team-Ausstatter Anta in die Karten spielte.
Im laufenden Jahr soll ein detaillierter „Action Plan“ für das Comeback der Herzogenauracher sorgen. Der Fokus liegt dabei auf der lokalen Relevanz der Marke. Anfang des Jahres eröffnete man dafür ein eigenes Kreativstudio in China. Dort wurden bislang bereits über 1000 Storys über eigene Produkte und Partner produziert. Zudem soll in Zukunft ein Drittel der angebotenen Produkte auf chinesische Kunden zugeschnitten sein. Ein deutlicher Strategiewechsel, der zeigt, dass der Ernst der Lage längst erkannt wurde.
Ist die Situation prekärer als gedacht?
Vielleicht reicht aber selbst die gesamte Kreativ-Power eines gestandenen Sportartikel-Herstellers wie Adidas nicht, um die Verhältnisse in China umzukehren. Jonathan Cummings von der globalen Markenberatung Landor & Fitch spricht von chinesischen Verbrauchern, die „immer mehr Vertrauen in chinesische Marken“ hätten. Der Boykott könnte im Gegensatz zu früheren Beispielen das Konsumverhalten der Chinesen deutlich nachhaltiger beeinflussen. Durch den Erfolg großer Marken wie Anta, wüssten die Leute jetzt, „dass sie eine Alternative haben“.
Auch Nike (WKN: 866993) leidet deutlich unter der beschriebenen Entwicklung. Im zweiten Quartal des laufenden Geschäftsjahres, das Ende November endete, sank der Umsatz in „Greater China“ um satte 20 Prozent. Adidas und Nike wollen es sich nicht noch weiter mit der chinesischen Regierung verschärfen. Das kann man aus den vagen offiziellen Begründungen für das schlappe China-Geschäft der beiden Konzerne herauslesen. Die Adidas Aktie spricht von einem „schwierigen Marktumfeld“. Auch Nike geht nicht auf die offensichtliche Problematik ein. Der amerikanische Sportartikel-Konzern will zur Besserung der Lage ebenfalls verstärkt auf für chinesische Kunden spezialisierte Produkte setzen.
Adidas Aktie ab jetzt unter verstärkter Beobachtung
Mit Blick auf die Adidas Aktie kann man sich schon echte Sorgen machen. So klar wie der Konzern von einer Rückkehr des Wachstums in China im laufenden Jahr spricht, ist die Lage für mich nicht. Es handelt sich hier auch um entscheidende Faktoren, die für den Konzern schwer zu beeinflussen sind. Knapp 22 Prozent seines Gesamtumsatzes erzielte Adidas letztes Jahr in China. Daran sieht man, wie viel wirklich auf dem Spiel steht. Ich vertraue derzeit noch auf das Know-how und die Erfahrung von Adidas, um die Situation zu meistern. Mit neuen Geschichten und Produkten kann man in schnelllebigen Zeiten vielleicht auch vom Staat beeinflusste Kunden wieder von sich überzeugen. Wir werden die Lage für euch weiter genau im Blick behalten.
Julian besitzt keine der im Artikel erwähnten Aktien.