Für Halbleiterhersteller wie Nvidia (WKN: 918422) und Infineon laufen die Geschäfte derzeit so gut wie nie. Wie bereits im vergangenen Jahr, wird auch das Umsatzwachstum der Chip-Branche in 2022 zweistellig ausfallen. Es könnte erstmals die 600 Milliarden US-Dollar Marke knacken. Die Entwicklungen der globalen Player an den Börsen spiegeln das derzeit jedoch kaum wieder. Der Kurs der Nvidia Aktie ist seit Jahresbeginn bis heute um knapp 40 Prozent eingebrochen. Und auch die Verluste des größten deutschen Chipherstellers Infineon liegen nur knapp darunter. Wie passen die beiden Entwicklungen zusammen?
Die Bewertung war bereits sehr hoch!
Der derzeitige Abwärtstrend beruht auch auf den teilweise wahnsinnigen Rallyes in den vergangenen Jahren. Trotz der zuletzt starken Verluste steht die Nvidia Aktie mit einem fünf-Jahres-Horizont noch immer bei einem Plus von rund 460 Prozent. Und der Großteil dieses Anstiegs fand erst nach 2020 statt. Auch der Blick auf den Philadelphia Semiconductor Index (SOX) zeigt die enorme Entwicklung der Branche. Seit 2020 ist dieser jedes Jahr um mindestens 40 Prozent angewachsen. Der SOX besteht aus den 30 größten Chip-Konzernen weltweit. Derzeit scheint in einem schwierigen allgemeinen Marktumfeld eine Teilkorrektur dieses enormen Wachstums stattzufinden.
Gescheiterte Übernahme bremst die Nvidia Aktie!
Ein Wachstumstreiber sollte in diesem Jahr die Übernahme des britischen Chipentwicklers Arm darstellen. Bereits auf der Präsentation der letzten Quartalszahlen Mitte Februar wurde jedoch das Scheitern des Deals bekanntgegeben. Zahlen muss Nvidia trotzdem. Der Vorschuss von 1,3 Milliarden US-Dollar, der bereits zuvor geflossen war, bleibt bei Arm. Das sind immerhin knapp fünf Prozent des Jahresumsatzes für das Geschäftsjahr 2021. Das Geld fehlt dem Chip-Riesen nun, um in wichtige Zukunftstrends wie das Metaverse zu investieren.
Vom Metaverse hängt viel ab!
Bei Nvidia wird das Metaverse als „Omniverse“ bezeichnet. Konzernchef Jensen Huang äußerte sich zu dem Megaprojekt so: „Das heutige Internet ist 2D. Wir bauen am Omniverse, um es dreidimensional zu machen und mit der realen Welt zu verknüpfen.“ Der Fokus bei Nvidia liegt hierbei nicht unbedingt nur im Gaming-Bereich. Das Omniverse solle z.B. auch Unternehmen den Bau einer digitalen Fabrik ermöglichen, die von Mitarbeitern remote überwacht werden könnte. Unabhängig von der eigenen Version des Metaverse ist Nvidia prädestiniert dafür, vom Aufbau des Metaverse zu profitieren. Für eine dreidimensionale und hochauflösende digitale Welt werden immer mehr hochleistungsfähige Grafikprozessoren benötigt. Und diese kann der Konzern mit einmaliger Expertise liefern. Bloomberg Intelligence erwartet für das Jahr 2024 bereits einen Gesamtumsatz von 800 Milliarden US-Dollar im Segment Metaverse.
Anleger sind noch skeptisch!
Noch sind wir lange nicht bei solchen Zahlen. Für viele Anleger entwickeln sich die Technologien zu langsam. Deswegen fehlt vielen wohl noch die Phantasie dafür, dass beteiligte Tech-Konzerne durch die neue, digitale Welt viel Geld verdienen. Hinzu kommt die Erwartung bald fallender Preise in der Branche. Langsam holt das Angebot nach Computerchips die Nachfrage wieder ein. Viele Unternehmen haben auf die Lieferengpässe reagiert und ihre Produktionskapazitäten ausgebaut.
Ein Ende der Chipkrise ist heute jedoch rein hypothetisch. Auch in der zweiten Jahreshälfte wird in einigen Branchen noch ein deutlicher Chipmangel erwartet. Die Weltlage ist momentan so volatil, dass ständig die Gefahr neuer Probleme lauert. Auch der Krieg in der Ukraine kann die Versorgungslage wieder verschlechtern. Ein Großteil der Anleger scheint hier vorsichtiger geworden zu sein und hält sich momentan noch zurück.
Nvidia Aktie: Reden wir in zehn Jahren noch von der Chipkrise?
Aus Sicht des langfristigen Anlegers ist es ratsam, sich auf die Faktoren zu konzentrieren, die eine Aktie auf lange Sicht beeinflussen. Die Chip-Branche kämpft nun seit zwei Jahren mit einer schwierigen Versorgungslage. Seitdem versuchen sich die großen Tech-Konzerne an die Situation anzupassen, die Lieferzeiten zu stärken und Produktionskapazitäten auszubauen. Auch wenn sich die Krise noch bis ins nächste Jahr zieht und neue Probleme aufkommen: Derzeit wird eher nicht davon ausgegagen, dass hieraus eine langfristige und bremsende Problematik für die Branche entsteht. Auf der anderen Seite gibt es mit dem genannten Metaverse sowie dem autonomen Fahren, aber auch dem Krypto-Mining verschieden vielversprechende Trends, die den Bedarf weiter ankurbeln könnten. Nvidia ist hier weiter stark positioniert, um von diesen Entwicklungen weiter zu profitieren.
Julian besitzt keine der im Artikel erwähnten Aktien.