Europa will die digitale Unabhängigkeit. Dazu braucht es vor allem eines: Viel größere Produktionskapazitäten bei Computer-Chips. Mit dem sogenannten Chips Act möchte die EU-Kommission den eigenen Anteil an der globalen Produktion bis 2030 verdoppeln. Der Chef des deutschen Chip-Konzerns Infineon (WKN: 623100) hat bei der Umsetzung nun deutlich mehr Tempo gefordert. Jochen Hanebeck könne „nur appellieren, schnell voranzugehen“. In starken Konkurrenz-Märkten wie Südkorea und Japan seien ähnliche Staats-getragene Projekte längst beschlossen. Die arg gebeutelte Infineon Aktie braucht gute Nachrichten.
Der Chips Act
Anfang des Jahres wurde er von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vorgestellt: Der europäische Chips Act. Bis 2030 sollen aus Europa 20 Prozent der weltweit hergestellten Computer-Chips kommen. Mittelfristig würde der Chips Act „Europa zu einer führenden Position in dieser strategisch wichtigen Branche verhelfen“, sagt von der Leyen damals. Hierzu will die EU 43 Milliarden Euro mobilisieren. Viele Experten halten die Summe für zu gering. Nur elf Milliarden kämen an zusätzlichen Finanzmitteln von den EU-Staaten. Der Rest sei Geld, das schon vorher als Haushaltsmittel für Techprojekte eingeplant war.
Dennoch könnten die Chipkonzerne das Geld jetzt gut gebrauchen, um die Kapazitäten schnell hochzufahren. Auch deswegen fordert Jochen Hanebeck von Infineon nun deutlich mehr Tempo. Denn noch immer werden die finalen Details der Umsetzung des Chips Act von den Politikern diskutiert.
Infineon Aktie sackt ab!
Eine Befürchtung, welche die Diskussionen um einen rasanten Ausbau derzeit beherrscht, sind mögliche Überkapazitäten. Die Chip-Produktion wird jetzt weltweit aufgrund des aktuellen Mangels hochgefahren. Die Maßnahmen könnten gemeinsam mit zukünftig möglicherweise wieder funktionierenden Lieferketten zu stark wirken. Davon geht der Infineon-Chef jedoch nicht aus. Die Risiken für eine solche Lage seien beherrschbar. An der Börse scheint die Skepsis derzeit jedoch deutlich größer. Die Infineon Aktie ist in diesem Jahr bereits um 42 Prozent abgesackt. Für langfristige Anleger sind das jedoch Korrekturen, mit denen man in der Chip-Branche rechnen muss. Auf Wachstumsphasen folgen in der Regel immer wieder Einbrüche, bevor es dann wieder stärker nach oben geht.
Die EU als Zünglein an der Waage für Infineon?
Auch ohne das Geld von der EU baut Infineon seine Produktionskapazitäten konsequent aus. Der verstärkte Druck auf die Kommission, der nun von Jochen Hanebeck kam, zeigt: Der deutsche Chip-Konzern kann und will noch mehr. Sicherlich pokert die Konzernführung beim rasanten Ausbau auch ein wenig. Denn die neuen Produktionsstätten sind teuer. In das neueste Kärnten-Werk investiert Infineon bis 2025 1,6 Milliarden Euro. Diese Summen müssen sich in Zukunft dann auch auszahlen. Ein übersättigter Markt könnte zu starken Verlusten führen.
Im Moment sieht die Auftragslage aber sehr gut aus. Der Konzern hat schon heute Bestellungen verbucht, welche alle Kapazitäten für drei Jahre voll auslasten. Dazu wurde die Prognose für das laufende Geschäftsjahr schon zweimal nach oben korrigiert. Aus unserer Sicht ist die aktuelle Kursentwicklung der Infineon Aktie mit Blick auf die aktuelle Entwicklung deutlich übertrieben. Ein schnelles und smartes Handeln der EU-Kommission ist dennoch wichtig, damit der Konzern konkurrenzfähig bleibt. Wir halten euch dahingehen auf dem Laufenden. Der deutsche Chip-Gigant steht weiterhin fest in unserer Top-50.
Julian besitzt keine der im Artikel erwähnten Aktien